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20.08.2019

Gutes Design braucht Kritik.

Gleich mit einem allerersten Entwurf Perfektion zu erreichen, gelingt wohl kaum einem Designer, Gestalter oder Künstler. Gutes Design entsteht durch einen iterativen Prozess aus probieren, irren und weiterentwickeln. Um Erfolg von Irrtum zu unterscheiden ist ein Feedback beziehungsweise eine Designkritik sehr hilfreich.

Doch was ist den eigentlich eine solche angewandte Designkritik? Zum einen ist es bereits die Aktivität des Entwerfens, Beurteilen und Ändern, das kritische Erkenntnisse bringt. Jede Iteration birgt die Kritik am bestehenden und die Projektion des Neuen. Ein anderer Aspekt ist die Vorstellung von Design, die den Nutzer und deren Bedürfnisse in den Mittelpunkt stellt und in den Entwurfsprozess integriert.

Feedbacks von Nutzern des Produkts oder Service geben Aufschluss darüber, ob das Design verständlich und nützlich ist. Ein gutes Design weckt darüber hinaus Emotionen bei den Nutzern und strahlt Persönlichkeit und Identität aus. Die Aspekte guter Gestaltung sind somit ziemlich vielschichtig. Auch im User Experience Design sollte sich die kreative Auseinandersetzung deshalb nicht «nur» auf das Einholen von Nutzerfeedbacks konzentrieren. Es bedarf ebenfalls einer ehrlichen und kritischen Diskussion darüber, ob das Design allen Qualitätsaspekten gerecht wird.

Plädoyer für eine Kritikkultur

Design wächst somit idealerweise zum einen aus den Feedbacks der Nutzer und zum anderen auch aus professioneller Kritik um «gut» zu werden. Dies ist jedoch gar nicht so einfach. Wenn über Design gesprochen wird, dann ist es schnell ein Austausch über das Gefallen und das Nichtgefallen. Eine fundierte Auseinandersetzung ist eher die Ausnahme – denn eine solche bedarf eines Lernprozesses und muss geübt werden. Ansonsten kann sie unter Umständen das Gegenteil bewirken. Kritik kann als persönliche Verletzung aufgefasst werden und im schlechtesten Fall dazu führen, dass Designs im Team nur sehr zögerlich gezeigt und besprochen werden. In der einen oder anderen Form sind wir alle ständig mit Design konfrontiert – daher sollten wir uns darüber auch kritisch unterhalten können.

Verankerung im Prozess

Ähnlich wie die Retrospektiven im agilen Projektmanagement, dürfen auch Designkritik-Besprechungen einen Platz im Methodenset im User Experience Design haben. In einem solchen Meeting stellen Designer Ihre Arbeit vor um sie in einer kleineren Gruppe zu diskutieren. Um die vielschichtigen Aspekte eines Design betrachten zu können, darf es sich gerne um eine möglichst heterogene Zusammensetzung der Teilnehmenden handeln.

Ohne vorgängige Klärung des Ausgangspunktes ist alleine schon der Begriff «Design» schwer benutzbar. Um Endlos-Diskussionen vorzubeugen sollte ein Designkritik-Meeting durch den verantwortlichen Designer entsprechend vorbereitet sein. Er schaut, dass das Design mediumgerecht präsentiert wird und zeigt auch das Ziel auf, welches mit dem Design erreicht werden soll. Auch relevante Aspekte, beispielsweise weshalb eine bestimme Typografie gewählt wurde, dürfen durchaus ebenfalls einleitend vorgestellt werden. Dies hilft den Teilnehmenden die Hintergründe zu verstehen und relevante Kritik zu üben. Indem der Designer die zuvor getroffenen Designentscheidungen fachlich fundiert präsentiert, finden sich auch die ersten konkreten Fragestellungen.

Design und Kritik

Doch wie formuliere ich überhaupt eine konstruktive Kritik, mit der der Designer auch arbeiten kann? Qualität im Design ist nicht messbar. Es lässt sich aber hinterfragen, ob das Design den Qualitätsansprüchen gerecht wird oder dem Zweck allumfassend dient.

Eine allgemeingültige Anleitung zu einer bestimmten Form der Designkritik gibt es nicht. «Find ich schön» oder «gefällt mir irgendwie nicht so», bringt den Kritisierten jedoch nicht wirklich weiter. Kritik erfordert, dass man versucht möglichst klar zu machen, worum es einem geht. Sie soll zu neuen Erkenntnissen leiten und nicht bloss polarisieren. Der Kritiker wägt ab, analysiert und kommuniziert. Er bleibt dabei fair, stellt sich auch selbst einer Kritik und korrigiert sich gegebenenfalls.

Erfahrungsgemäss funktionieren «Ich»-Botschaften deutlich besser als «Du»-Botschaften. Eine «Du»-Formulierung kann vom Kritisierten als Anschuldigung verstanden werden. Eine «Ich»-Botschaft wird viel eher als persönliche Meinung und somit als wertschätzende Kritik verstanden.

Fazit

Designkritik ist ein wichtiges Element der Verbesserung der Arbeitsergebnisse. Insbesondere als Designer gilt es Designkritik nicht als Bedrohung anzusehen, sondern als Chance wahrzunehmen. In einem Designkritik-Meeting sollte zudem nicht darüber entschieden werden, ob ein Produkt oder eine Lösung überhaupt umgesetzt wird. Es soll dem Designer helfen, das Design möglichst zur Perfektion zu bringen.

 

Quelle:
Ebertshäuser Ephraim. Was bedeutet für mich Designkritik? Eine Frage. Zwanzig Antworten. Prima Publikationen.